Betreuen beide Eltern das Kind trotz ihrer Trennung weiter, so kommt es für die Beurteilung, ob ein paritätisches Wechselmodell vorliegt, darauf an, bei wem der Schwerpunkt der Pflege und Erziehung des Kindes liegt. Nach den – vom Antragsgegner nicht angefochtenen – Feststellungen des Familiengerichts findet der Umgang des Antragsgegners mit seiner Tochter A. aufgrund einer Zwischenvereinbarung der Eltern vom 13.07.2020 14tägig jeweils von Mittwoch nach dem Kindergarten (ca. 15:30 Uhr) bis zum darauffolgenden Dienstag (Verbringung zum Kindergarten) statt. Nach dieser Regelung betreut der Antragsgegner A. an sechs von 14 Tagen. Insoweit hat das Familiengericht den Schwerpunkt der Betreuung mit Recht auf Seiten der Mutter gesehen. Auch wenn der Antragsgegner nunmehr vorträgt, dass er statt des sich hieraus ergebenden rechnerischen Anteils von 43% A. mit einem Anteil von 45% betreut, gibt dies dem Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Denn diese Rechtsprechung setzt keinen deutlich überwiegenden Betreuungsanteil eines Elternteils, sondern nur einen (noch) feststellbaren Schwerpunkt voraus, der jedenfalls bei einer 6:8 – Verteilung ohne einzelfallspezifische Besonderheiten, für die hier nichts ersichtlich ist, gegeben ist.
Die Antragstellerin ist somit befugt, den Unterhalt für das gemeinsame Kind der Beteiligten im Wege der Verfahrensstandschaft gemäß §1603 Satz 1 BGB geltend zu machen. Die Verfahrensstandschaft dauert über die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses bis zum Abschluss des Unterhaltsverfahrens fort, solange – wie hier – der antragstellende Elternteil die elterliche Sorge hat. Bei dieser Sachlage ist die Antragstellerin lediglich hinsichtlich des Mehrbedarfs des Kindes (Kindergartenbeitrag) am Kindesunterhalt zu beteiligen.
OLG Dresden, Beschluss v. 30.9.2021. 20 UF 421/21