Es besteht kein genereller Verdacht auf etwaige alkohol- oder drogenbedingte Fahruntüchtigkeit gegen einen Versicherungsnehmer, der sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt. Der Versicherer muss ihm Rahmen des Kausalitätsgegenbeweises konkrete Feststellungsnachteile darlegen, die ihm durch das Verhalten des Versicherungsnehmers entstanden sind.
Bei dem Kausalitätsgegenbeweis hat der Versicherungsnehmer eine negative Tatsache zu beweisen . Er muss nämlich nachweisen, dass dem Versicherer unter keinem Gesichtspunkt Feststellungsnachteile entstanden sind. Diesen Beweis kann der Versicherungsnehmer so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Ausmaß aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der Versicherer muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzuzeigen, indem er zum Beispiel vorträgt, welche Maßnahme er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheiten getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte . Ein Nachweis einer negativen Tatsache setzt hingegen nicht voraus, dass der Beweispflichtige jede denktheoretisch mögliche oder vom Versicherer ins Blaue hinein aufgestellte Sachverhaltsvariante ausschließt, aufgrund derer diese Tatsache doch vorliegen könnte. Auch wenn an den Kausalitätsgegenbeweis grundsätzlich durchaus hohe Anforderungen zu stellen sind, würde eine solche Sichtweise bedeuten, die Anforderungen an die Erbringung des (Negativ-)Beweises gemäß zu überspannen. 286 ZPO
LG Stuttgart, Urteil v. 16.2.2022, 4 S 276/20