Unterhaltspflicht eines 45-Jährigen in Erstausbildung

1. Der Erstausbildung eines 45-jährigen Unterhaltspflichtigen, der seit vielen Jahren als ungelernte Kraft arbeitet, ist gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht aus § 1603 Absatz 2 S. 1 BGB kein Vorrang einzuräumen.

2. Soweit es um den gesetzlichen Mindestunterhalt geht, sind bei den Umgangskosten allein die tatsächlich anfallenden Benzinkosten zu berücksichtigen.

Die Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich vorrangig befriedigen darf. Das mag anders sein, wenn der Unterhaltspflichtige sich in der Vergangenheit stets auf die Ausübung von ungelernten Tätigkeiten beschränkt hat und sich erst später zur Aufnahme einer Berufsausbildung entschließt, obwohl sich der Anlass, seine Arbeits- und Verdienstchancen durch eine Ausbildung zu verbessern, für ihn nicht verändert hat. In derartigen Fällen wird zu prüfen sein, ob es dem Unterhaltspflichtigen nicht zuzumuten ist, die nunmehr angestrebte Ausbildung zu verschieben und ihre Aufnahme solange zurückzustellen, bis die Kinder nicht mehr unterhaltsbedürftig sind oder mit einem etwaigen reduzierten Unterhalt, den der Unterhaltspflichtige auch während der Ausbildung zu leisten vermag, ihr Auskommen finden.

OLG Bamberg, Beschluss v. 9.2.2022 – 7 UF 196/21