Eine Beschränkung oder ein Wegfall der Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem volljährigen Kind kann nach in Betracht kommen, wenn das Kind seine Bedürftigkeit durch sittliches Verschulden selbst verursacht hat, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Verpflichteten verletzt oder sich einer schweren Verfehlung gegenüber dem Verpflichteten schuldig gemacht hat. 1611 Abs. 1 BGB
Der Vortrag des Antragstellers, wonach der Antragsgegner den Antragsteller über den Ausbildungsabbruch, den Zeitraum bis zur Aufnahme der zweiten Ausbildung, den dazwischen liegenden Lehrgang und eine Erwerbstätigkeit ab 01.08.2018 verspätet in Kenntnis gesetzt habe ist zur Rechtfertigung einer Herabsetzung oder eines Wegfalls des Unterhaltsanspruchs nicht geeignet. Der – hier allein in Betracht kommende – Verwirkungsgrund der schweren Verfehlung setzt einen vorsätzlichen und schuldhaften Verstoß des Unterhaltsberechtigten gegen gewichtige, ihm auferlegte Pflichten und/oder Rechte des Unterhaltspflichtigen selbst voraus. Es genügt nicht jede Verfehlung, sondern es muss sich um eine schwerwiegende, tiefgreifende Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher oder persönlicher Belange des Unterhaltspflichtigen handeln.
Das Unterlassen der Mitteilung eines Schulabbruchs eines Volljährigen gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil kann eine vorsätzliche schwere Verfehlung im Sinne des darstellen mit der Folge einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs, wenn dieses Unterlassen den Unterhaltsverpflichteten dazu veranlasst hat, den zuvor gezahlten Unterhalt weiterhin an das Kind zu zahlen, obwohl er dazu nicht mehr verpflichtet war, und das Kind davon ausgehen musste, der Unterhaltsverpflichtete hätte zu Recht seine weiteren Zahlungen eingestellt, wenn er rechtzeitig über den Schulabbruch in Kenntnis gesetzt worden wäre. 1 BGB
So liegt der Fall vorliegend aber nicht. Der Antragsteller hat den titulierten Unterhalt ab dem Zeitpunkt des Ausbildungsabbruchs des Antragsgegners, dem 20.06.2017, gerade nicht ununterbrochen weiterhin gezahlt, weil er auf das Andauern der Ausbildung des Antragsgegners vertraut hat. Vielmehr ist der Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag bereits am 22.07.2017 über den Abbruch der ersten Ausbildung in Kenntnis gesetzt worden.
OLG Brandenburg, Beschluss v. 1.12.2021, 13 U 166/20