Das Motiv des innerfamiliären Erhalts der Immobilie findet als subjektive Erwartung im Testament eine wörtliche Stütze, wenn die Erblasserin dort die Einsetzung als Alleinerbe wörtlich als „einzige Möglichkeit“ bewertet, „ablaufmäßig und verfahrenstechnisch zu gewährleisten“, „unser Wohnhaus, das eine Belastung ist,“ zu „erhalten“. Die Schaffung aller ihr möglichen Voraussetzungen für einen bestimmten, künftigen Geschehensablauf indiziert, dass sie den Willen zu seiner Herbeiführung hat.
Verknüpft die Erblasserin den von ihr skizzierten Geschehensablauf wörtlich mit der Offenlegung ihres Willens, „ein Verschleudern müssen“ nicht zu wollen, so verdeutlicht dies, auf die Verhinderung welchen Erfolgs es ihr durch die von ihr geschaffenen Voraussetzungen gerade ankam, so dass sie sich hiervon beim Verfassen ihres letzten Willens bestimmend leiten ließ.
In der an den hierdurch enterbten Abkömmling gerichteten Erklärung der Erblasserin in dem Testament, dass dies „nicht als Straf- oder Benachteiligungsaktion zu sehen“, dies aber der einzige Weg zur Erhaltung der Immobilie sei, ist zu erkennen, dass die Enterbung nicht dem Willen der Erblasserin entspricht, ihr aber die Verhinderung des Verkaufs an Dritte wichtiger als eine gerechte Erbeinsetzung ihrer Abkömmlinge ist. Die konkrete Offenlegung ihres Motivs in Verbindung mit dem ausdrücklichen Ausschluss weiterer denkmöglicher Motive führt zu einer unzweideutigen Verknüpfung von Motiv und Erbeinsetzung.
Aus der in einem Testament aus Sicht der Erblasserin subjektiv als zwingend empfundenen Verknüpfung der (höher bewerteten) gewollten Verhinderung eines ganz bestimmten Umstands mit dem ungewollten Nichteintritt eines (geringer bewerteten) Erfolges ergibt sich ein zur Anfechtbarkeit i.S.d. führendes Bedingungsverhältnis, wenn der Eintritt des (ungewollten) Umstands durch den Nichteintritt des (gewollten) Erfolges nicht zu verhindern war. 2 BGB
LG Wuppertal, Urteil vom 5.12.2022, 2 O 317/21