Erörtert das Finanzgericht im Anschluss an die Beweisaufnahme und vor Erlass seines Urteils nicht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Beteiligten, verletzt es deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt Wilmersdorf vom 14.04.2021 – C-108/20, EU:C:2021:266).
Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 285 Abs. 1, § 279 Abs. 3 ZPO hat im Anschluss an die Beweisaufnahme das Gericht erneut den Sach- und Streitstand und, soweit bereits möglich, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Beteiligten zu erörtern. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Beteiligten unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln.
Findet sich ‑ wie im Streitfall ‑ im Protokoll kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt haben, steht wegen der Beweiskraft des Protokolls (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 2, § 165 ZPO) ein Verstoß gegen § 285 Abs. 1, § 279 Abs. 3 ZPO fest
BFH, Beschluss vom 22.11.2022, XI B 1/22