1. Ist eine spanische Sorgerechtsentscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 23 Buchst. b VO (EG) Nr. 2201/2003 nicht anzuerkennen, kann derjenige Elternteil, dem die Personensorge und Obhut nach spanischem Recht übertragen worden ist, durch Verbringen des gemeinsamen Kindes von Deutschland nach Spanien nicht einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Spanien begründen. International zuständig ist das nach dem Verbringen angerufene deutsche Gericht.
2. Ein fünfeinhalb Jahre altes Kind ist von spanischen Gerichten zwingend anzuhören. Unterbleibt die Anhörung, kann die Entscheidung nicht anerkannt werden.
3. Begründet das Kind im Laufe des gerichtlichen Verfahrens einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat, bleibt das angerufene Gericht international zuständig (perpetuatio fori). Das anzuwendende materielle Recht richtet sich allerdings nach dem Recht des neuen gewöhnlichen Aufenthalts (kein Gleichlauf zwischen forum und ius).
4. Bei einem widerrechtlichen Verbringen des Kindes wird allerdings ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt nicht vor Ablauf von einem Jahr begründet.
OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.10.2020, 15 UF 8/20